November 25, 2024

Remote Work im Life-Sciences Bereich: Das ist zu beachten

Entdecken Sie wichtige Tipps und Herausforderungen für Remote Work im Life-Sciences-Bereich.
Hannes Sommer
Founder & Managing Director Sinceritas Executive Search
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Remote Work hat sich seit der Corona-Pandemie etabliert. Laut Statista bieten mittlerweile  ⅔ der Unternehmen in Deutschland Remote Work an, obwohl es damit auf einem hinteren Platz im internationalen Vergleich liegt. Ein Ende des Homeoffice wurde sogar gerichtlich genehmigt. Dabei sind das Homeoffice und der Telearbeitsplatz nur ein Teil von Remote Work, das einige Vorteile verspricht und eine Antwort auf aktuelle Probleme zu geben scheint. 

New Work, Remote Work und die Gesundheitsbranche

Remote Work bezeichnet die örtliche Unabhängigkeit der Arbeit und unterstützt damit Aspekte von “New Work” des Sozialphilosophen Frithjof Bergmann aus den 1980er Jahren:  “Freiheit” und “Selbstverantwortung”. Bergmann war mit seinem Arbeitskonzept Visionär und wird in der heutigen Welt, die sich durch Unsicherheit, Brüchigkeit und Komplexität auszeichnet (VUCA und BANI) wieder gehört. 

Auch im Krankenhaus hat die Pandemie als “Katalysator” für die Idee des New Work fungiert, wie das Ärzteblatt schreibt. Der Marburger Bund hat die Hauptversammlung am 4.11.2024 sogar unter diesem Zeichen abgehalten und beschlossen, Konzepte des New Work für angestellte Ärztinnen und Ärzte zu stärken. 
Denn um dem wachsenden Personalmangel zu begegnen, muss auf die Ansprüche der Mitarbeitenden eingegangen werden. Dabei besteht die Hoffnung, dass ein Zuwachs an Eigenverantwortlichkeit und Flexibilität zu mehr Zufriedenheit führt. Damit könnten Mitarbeitende gebunden und neue Bewerber:innen gefunden werden. Denn gerade die kommende Generation von Ärztinnen und Ärzten verlangt neue Konzepte. 

Wobei natürlich eine örtliche Unabhängigkeit im Sinne des Remote Work im Krankenhaus am ehesten für die Verwaltung oder beispielsweise Radiologie in Frage kommt. Das Magazin bibliomedmanager berichtet beispielsweise von einem bereichsleitenden Medizinischen Technologen für Radiologie (MTR), der am Klinikum der Universität München (LMU) remote von Frankfurt aus arbeitet. 
Mit der wachsenden Digitalisierung können sich aber weitere Lösungen ergeben, die beispielsweise in der Pharmaindustrie schon durchaus etabliert sind. 

Digitalisierung und Remote Work in der Pharmaindustrie und Medizintechnik

Die Pharmaindustrie ist in der Digitalisierung schon weit fortgeschritten. Zur Datenerhebung gibt es bereits elektronische Case Record Forms (eCRF, auch Case Report Form) oder den Erhebungsbogen für klinische Studien und elektronische Trial Master Files (eTMF), eine Dokumentensammlung zur Prüfung der Integrität und Compliance einer Studie.  Mit der Corona-Pandemie hat sich die Situation für die Forschung jedoch auch grundlegend geändert und Visiten wurden beispielsweise online durchgeführt. Weitere digitale Lösungen werden bereits genutzt. 

Bei der Forschung und Entwicklung hilft der digitale Zwilling beispielsweise dabei, Patient:innen mit persönlichen medizinischen Daten oder auch Prozesse der Medikamentenproduktion zu imitieren. In dieser virtuellen Replik werden Echtzeitdaten erhoben, um beispielsweise die Verträglichkeit eines Medikamentes zu testen. 

Um allgemein die Bindungsaffinität von Biomolekülen (Molecular Docking) vorhersagen zu können, wird in silico (im Computer) getestet, um die Entwicklung neuer Therapeutika  zu unterstützen. Computergestützt können größere Daten ermittelt werden, die dann experimentell (in vitro oder in vivo) validiert werden können. Dies sind nur einige Beispiele, die zeigen, dass die Umstellung von Arbeitsprozessen auf virtuelle Plattformen in der Pharmaindustrie weit fortgeschritten ist. IT-Spezialisten und Medizintechniker sind dafür elementar wichtig und können in jedem Fall teilweise remote arbeiten. Die Spitze übernimmt schließlich das Labor 4.0, das schon gesamte Nacht - und Wochenendschichten selbständig übernimmt. Remote-Labore existieren auch bereits, noch eher für Studienzwecke. 

Technische Voraussetzungen für Remote Work

Für jegliche Remote Work sind einige technische Voraussetzungen elementar: 

  1. Leistungsstarke Internetverbindung mit einem sicheren Netzwerk (VPN)
  2. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) muss sichergestellt sein und von allen eingehalten werden
  3. Cloud-Technologien mit spezialisierten Sicherheitsprioritäten, die auch das gesamte “Ökosystem” der Datenübertragung und Speicherung betreffen, sind auch für die Compliance-Regelungen wichtig
  4. Kommunikationsplattformen für die Mitarbeitenden müssen zur Verfügung stehen 

Die Digitalisierung ermöglicht Remote Arbeit für ein breites Beschäftigungsfeld, wenn ein leistungsstarkes Netzwerk und die richtige Hardware vorhanden ist. Für die Sicherung der Daten gibt es Modelle, die die Hardware entweder durch einen USB-Stick auf das Netzwerk booten lassen oder die Rechner  für die Arbeit zur Verfügung stellen. Die Compliance-Regeln müssen dabei regelmäßig kommuniziert und überprüft werden. Dazu ist eine zentrale Speicherung der Daten vonnöten, die auch bei einer möglichen Inspektion verfügbar sein muss. 

Voraussetzung für ein konstantes Angebot an ortsunabhängiger Arbeit sind also die funktionierenden technologischen Mittel. Die Vorteile für Mitarbeitende liegen in einem Autonomieempfinden und damit der erhöhten Selbstwirksamkeit und Flexibilität. 

Herausforderungen von Remote Work

Es gibt aber auch Nachteile für Mitarbeitende, die vor allem durch die soziale Isolation und die Schwierigkeiten der Kommunikation zustande kommen. Es kann beispielsweise für Familien mit Kindern auch zu einer mangelnden Abgrenzung und Überforderung führen. Genauso werden die Arbeitsstunden oft überschritten und kein Ende am Abend gefunden, wie die  Hans-Böckler-Stiftung in einer Studie zum Homeoffice ermittelt hat. Haufe nennt das Remote Work daher auch ein “zweischneidiges Schwert”. 

Remote Work erfordert also nicht nur eine hohe Selbstdisziplin, sondern auch Selbstfürsorge, um die “Work-Life-Balance” aufrechterhalten zu können. Umso wichtiger ist eine gelungene Kommunikation innerhalb der Teams durch deren Leitung. Betriebliche Vereinbarungen sind genauso wichtig wie die Möglichkeit, sich auszutauschen, um den Anschluss an Karrieremöglichkeiten nicht zu verlieren. Inwieweit Remote Work wiederum die Arbeitsatmosphäre in Teams beeinflusst, muss individuell untersucht werden und ist eine Herausforderung an das Management.

Remote Leadership

Da durch die fehlende Präsenz ein großes Vertrauen in die Mitarbeitenden aufgebaut werden muss, ist eine angstfreie und agile Kommunikation wichtig. Kommunikationsfähigkeit kann und sollte von der Leitung für Remote Leadership gelernt werden. Gleichzeitig müssen die Ziele und Pläne klar kommuniziert werden oder in den Teams so eigenverantwortlich gearbeitet werden, dass sie auch in die Zielsetzung eingebunden werden. Ablenkung durch den Haushalt und auch die Effektivität der virtuellen Meetings können Faktoren sein, die Remote Work anstrengend und weniger zielführend werden lassen. Die Lösung besteht darin, die Arbeitszeiten individuell und flexibel zu gestalten. Virtuelle Meetingtools sollten für die Kommunikation genauso wie Kollaborationstools genutzt werden, um die physische Präsenz zu imitieren. Denn soziale Isolation kann auch zu einer mangelnden Motivation und weniger Karrierechancen führen, wie Nicolas Bloom herausgefunden hat. Das Gleiche gilt für ein Feedback, das am besten auf Augenhöhe gegeben wird und damit motivierend wirkt. Für die Beschäftigten kann ein regelmäßiges Meeting am Morgen ebenso sinnvoll sein wie ein informelles Zusammenkommen am Abend, um den Kontakt nicht zu verlieren. 

Die Leitung eines Remote Teams erfordert also Empathie und offene Führung, genauso wie eine schnelle Anpassungsfähigkeit an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden. Die Arbeitswelt ist in einer Phase der Transformation und wird mit agiler Kommunikation am besten mit den Widrigkeiten der VUCA-BANI-Welt zurechtkommen. Damit kann den Mitarbeitenden gleichzeitig Sicherheit und maximale Gestaltungsmöglichkeit vermittelt werden, ohne in starre Strukturen zu verfallen. 

Fazit 

Remote Work sollte also durch eine kompetente Führung begleitet werden und muss nicht jeden Tag und für jeden Mitarbeitenden gelten. Hybride Formen sind inzwischen in der Arbeitswelt etabliert und dämpfen die soziale Isolation, die diese Arbeitsform mit sich bringt. Von den Mitarbeitenden wird ein großes Maß an Flexibilität und Eigenverantwortung, Organisationstalent und Motivation gefordert. Für das Recruiting sind es wichtige Themen, die dann auch im (virtuellen) Onboarding überprüft werden können. Betriebliche Vereinbarungen helfen außerdem, das Home Office zu organisieren, wie hier beschrieben ist. Wobei es nicht nur darum geht, ein Büro zu Hause einzurichten. Remote Work bezieht auch flexible Arbeitszeiten und eine offene Kommunikation mit ein. Damit spiegelt Remote Work die Arbeitsweise des New Work wider und hat für Fachkräfte sowohl im Krankenhaus als auch in der Life Sciences Branche eine große Wichtigkeit.

Mit der richtigen technischen Ausstattung, agilen Kommunikationsstrukturen und der Sicherstellung von sensiblen Datenströmen, lassen sich die Herausforderungen von Remote Work meistern. Wenn die Nachteile der sozialen Isolation abgefangen werden, profitieren zukünftige Mitarbeitende davon, selbstbestimmt und frei arbeiten zu können.

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