Generationenübergreifende Teamarbeit im Life-Sciences-Bereich: Chancen und Herausforderungen

Wie eine Zusammenarbeit zwischen den Generationen gelingen kann und welche Chancen darin besteht, die Zuschreibungen zu hinterfragen, soll hier untersucht werden. 

Hannes Sommer
Hannes Sommer
Founder & Managing Director Sinceritas Executive Search

Es gibt viele (Vor-)Urteile über die verschiedenen Generationen, die aktuell in der Gesundheitsbranche zusammenarbeiten. Die Gen Z (Generation Z) würde nicht mehr arbeiten wollen, die Boomer (Generation Babyboomer) arbeite übermäßig viel, kümmere sich aber nicht um die Umwelt und die Millenials seien immer erschöpft. Jede einzelne Generation geht dabei unterschiedlich mit den Umständen einer volatilen und bisweilen brüchigen Welt (VUCA und BANI im Gesundheitswesen) um. 

In einem Arbeitsumfeld wie in der Gesundheitsbranche, die mitunter von langen Arbeitszeiten, Stress und anspruchsvollen Gegebenheiten geprägt ist, gibt es darüber hinaus immer große Herausforderungen. 
Die Einstellung zur Arbeit hat sich gleichzeitig im Laufe der Jahre verändert. Da die Vorstellungen der unterschiedlichen Generationen zu diesem und anderen Themen auseinandergehen, kann es zu Konflikten am Arbeitsplatz kommen. Wie eine Zusammenarbeit gelingen kann und welche Chancen darin besteht, die Zuschreibungen zu hinterfragen, soll hier untersucht werden. 

Denn Generationenvielfalt gehört auch zu dem Komplex der Diversität (Diversity), der gesellschaftlich immer wichtiger wird. Hierbei ist der Anspruch, Menschen unabhängig von ihrer Hautfarbe, Religion, sexuellen Orientierung oder dem Alter gleichwertig zu behandeln. Die Vielfältigkeit, die damit am Arbeitsplatz geschaffen wird, spiegelt die Mitglieder der Gesellschaft wider. 
Gerade weil der Fachkräftemangel so drängend ist, sollten Vorurteile überwunden werden, um auch in der Arbeitswelt alle Menschen teilhaben zu lassen. 

Folgende Generationen werden aktuell gerne miteinander verglichen.

Abb. 1: Generationen auf dem Arbeitsmarkt (Nachkriegsgeneration bis Generation Alpha)

Boomer 

Als Babyboomer wird die Generation der inzwischen 60 jährigen bezeichnet, die in den geburtenstarken Jahrgängen zwischen 1956 und 1964 geboren wurde. Diese Generation ist immer noch von der Nachkriegszeit geprägt und gewohnt, lange und viel zu arbeiten. Hierarchien werden nicht hinterfragt. 

Generation X

Diese Generation ist zwischen 1966 und 1980 geboren. Auch sie arbeiten immer noch viel und akzeptieren das vorgegebene hierarchische Korsett. Die Freizeit wird benötigt, um die anstrengende Arbeitszeit auszugleichen und erlangt einen neuen Stellenwert. Dennoch beäugt sie die folgende Generation kritisch. 

Generation Y 

Die sogenannten “Millenials” der Generation Y sind zwischen 1981 und 1995 geboren und brechen als erstes mit den starren Hierarchien und auch Trennungen von Arbeit und Leben. Sie verbinden beides miteinander und suchen darin Sinnhaftigkeit. Die Work-Life-Balance wird geboren. 

Generation Z

Eine Work-Life-Balance ist für die Gen Z selbstverständlich. In jedem Fall sind sie eng mit der digitalen Welt verbunden und können doch kritisch sein. Diese Generation kann aktuell nur aus ihrer Jugend heraus betrachtet werden und wird weiterhin beobachtet werden, denn sie bildet den Nachwuchs auf dem Arbeitsmarkt.  

Verbindende Elemente der Generationen

Dies führt zu einem Kritikpunkt an der Unterteilung in Generationen. Denn unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Generation gibt es je nach Lebensalter eine bestimmte Einstellung zur Arbeit. Der Generationenkonflikt könnte also auf einem Mythos beruhen, wie der Deutschlandfunk berichtet. Denn zu dem Altersabschnitt kommt auch noch ein Zeitgeist, der bestimmte Themen wichtig werden lässt. Prof. Dr. Martin Schröder hat dazu in der Universität des Saarlandes publiziert.

Bei der Erhebung seiner Daten geht er auf die Beziehung zur Arbeit und auch zur Umwelt ein und schlussfolgert, dass alle Generationen ähnliche Werte haben, wenn die Faktoren des Alters und des Zeitgeistes abgezogen werden. Heutzutage ist es beispielsweise selbstverständlich, bestimmte Ansprüche an freie Arbeitszeiten stellen zu können, weil sich, wie oben beschrieben, das Verhältnis zur Arbeit verändert hat. 

Um nicht von einem Generationenkonflikt sprechen zu müssen, fordern auch Ärzte im Ärzteblatt eine Anerkennung, dass die Arbeitsbedingungen ungesund und unmenschlich gewesen seien, in denen die Boomer und Generation X aufgewachsen sind. Daher sei es nur angemessen, bessere Arbeitszeiten zu fordern. Zweitens gab es noch bis in die 80er Jahre zumindest in West-Deutschland das Konzept, dass nur ein Elternteil der Hauptverdiener war (zumeist die Männer). 

Mit der Generation X sind auch Frauen in Vollzeitstellen berufstätig und mittlerweile fordern auch Männer Zeit mit ihren Kindern ein. Die 4-Tage-Woche ist also ein Schritt, der dem Zeitgeist entspricht und den heutzutage auch Männer gehen, um eine bessere Work-Life-Balance zu bekommen. 

Gleichzeitig wird das Thema der unterschiedlichen Generationen auch in der Unternehmensführung diskutiert und ein Generationenmanagement (S.27ff) propagiert. Denn es gibt oben genannte Vorurteile, die eine Zusammenarbeit durchaus negativ beeinflussen können.

Herausforderungen in der Zusammenarbeit

Die Generation der Boomer wird in den kommenden Jahren durch das spätere Renteneintrittsalter einen Großteil der Mitarbeitenden ausmachen. Es gilt also, die Vorteile eines kognitiven Wissenstransfers zu moderieren, um Vertrauen und Zusammenarbeit zu schaffen. Noch bevor viele von ihnen in Rente gehen, sollte ihr Erfahrungsschatz ausgenutzt werden. Dazu sollten die jüngeren Generationen Möglichkeiten finden, den älteren Fachkräften zuzuhören. Und umgekehrt. 

Gerade für die Boomer bedarf dies einer Anpassungsleistung. Denn die Menschen in diesem Alter müssen sich nicht nur mit einem neuen Verhältnis zu Arbeitszeiten auseinandersetzen, sondern auch mit einer fortschreitenden Digitalisierung, die ihnen nicht “in die Wiege gelegt” ist. 

Im Gegensatz zu der Generation Z, die Digital Natives sind und weniger Berührungsängste zu neuen Technologien haben. Die Gefahr liegt darin, dass die jüngeren den älteren Generationen gegenüber arrogant wirken und deren Berufserfahrung nicht genug wertschätzen. So wie jene älteren Generationen die Ansprüche der GenZ an Freizeit nicht verstehen oder sie nicht ernst nehmen. 

Gerade durch die wachsende Digitalisierung im Gesundheitswesen müssen die unterschiedlichen Generationen mit Bedacht eingebunden und jeweils auf ihrem Stand unterrichtet werden. Es erfordert also für die Führung im Krankenhaus und in der Life-Sciences-Branche eine besondere Alterssensitivität. 

Alterssensitive Führungs - und Unternehmenskultur 

In der Vielfalt der Generationen steckt ein großes Potential, das von der Führung genutzt werden kann. Das erfordert Kommunikation und Zusammenarbeit, weil die Gruppe mehr kann als der Einzelne wie hier geschlussfolgert wird. 

Gerade Krankenhäuser profitieren von einer Generationenvielfalt, wie praktisch Arzt schreibt. Indem Fachkräfte verschiedener Generationen zusammenarbeiten, können die komplexen Probleme, die im Alltag der medizinischen Versorgung auftreten, besser bewerkstelligt werden. Der Wissensaustausch wird gestärkt und alle können von dieser Art Offenheit profitieren.

Handlungsempfehlungen

Dadurch ergeben sich Handlungs-Empfehlungen, die eine transformationale oder eine offene Unternehmensführung möglicherweise leichter bewerkstelligen wird. Denn eine weniger starre Hierarchie lässt die Ansichten und auch die Expertise von allen Mitarbeitenden zu. 

Um dem eine Plattform zu geben, benötigt es neue Strukturen, die durch Digitalisierung unterstützt werden können. Sinnvoll ist es auch, immer wieder eine interne Umfrage in Auftrag zu geben, die den Bedarf erörtert und auch die Zukunftsszenarien durchgespielt wie es das Deutsche Krankenhausinstitut 2011 zum  Alter(n)sgerechten Arbeiten im Krankenhaus gemacht hat. 

Weiterhin ist es wichtig, diese Werte der gegenseitigen Rücksichtnahme und des Respektes nach innen zu kommunizieren. Es bildet und stärkt damit gleichzeitig das Branding des Unternehmens selbst. 

Die München Klinik GmbH hat beispielsweise ein Programm zu Gleichstellungsorientierung, Gender und Diversity, das auch bundesweit ausgezeichnet wurde. Dadurch wird sowohl für die Mitarbeitenden ein großer Faktor der Identifizierung geschaffen und Patient:innen können sich sein, respektvoll behandelt zu werden. 

Fazit 

Die Unterscheidung nach Generationen hält sich hartnäckig und muss doch immer wieder hinterfragt werden. Denn ähnlich wie mit anderen äußeren Unterscheidungsmerkmalen, ist auch hier die Vielfalt der individuellen Einstellungen groß. 
Neben der Zuschreibung zu Generationen spielen das individuelle Alter und der Zeitgeist eine wesentliche Rolle, beispielsweise im Arbeitsverhalten. Diese Unterschiede als Ressourcen zu nutzen fördert die interne Kommunikation und bietet dem Unternehmen eine gute Reputation. 
Dennoch müssen die Unterschiede der Generationen ernst genommen und moderiert werden, um eine möglichst effektive Zusammenarbeit zu ermöglichen. Damit wird auch die Versorgung der Patient:innen verbessert und das Unternehmen attraktiv für kommende Bewerber:innen.